Mehr Attraktivität und Akzeptanz für das THW
Man sieht sie meist bei größeren Unglücksfällen: die Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks, kurz THW, packen an, wenn Flüsse über die Ufer treten oder der Schnee mal überhandnimmt. Seltener sind sie dabei, wenn Häuser in Flammen stehen oder Unwetter über Deutschland ziehen. Und das hat einen Grund: Die Helferinnen und Helfer des THW unterstehen dem Bundesinnenministerium, ihre gesetzliche Aufgabe ist der Zivilschutz. Denn Katastrophen und die Abwehr von anderen Gefahren sind Aufgabe von Ländern und Kommunen. So will es nun einmal das Grundgesetz. Unterstützen die THWler dabei, wurden die Kosten grundsätzlich gegenüber dem Anforderer abgerechnet. Auch wenn dies zwischen Behörden so üblich ist und die Beträge niedrig sind, führte es doch bisher oft zu Vorbehalten, die Retter in blau dazu zu holen. Denn nicht immer findet sich dann jemand, der für diese Kosten aufkommt.
Und nicht immer verkündet eine Bundeskanzlerin bereits während eines laufenden Einsatzes einen Kostenverzicht, so wie beim Hochwasser 2013. Dieser war zwar bisher immer schon möglich, musste aber jeweils beantragt und, je nach Höhe der Kosten, sogar vom Innenminister genehmigt werden. Und im Ministerium legte man strenge Maßstäbe an. Bei den Anforderern bestand also eine große Unsicherheit, ob die Kosten im Falle eines Falles nicht bei ihnen hängen bleiben. Also wurde im Zweifel lieber auf die Einsatzkräfte des Bundes verzichtet, irgendwie geht es dann oft auch so. Für die Frauen und Männer, die sich in ihrer Freizeit in den 668 Ortsverbänden des THW engagieren, ist das natürlich frustrierend.
Dabei verfügt das THW über Kompetenzen und Gerätschaften, die nur bei den wenigsten Feuerwehren vorhanden sind. Wer von unseren Brandschützern verfügt schon über Radlader, Großpumpen, die 25.000 l Wasser pro Minute fördern oder Aggregate, die ganze Straßenzüge mit Strom versorgen können? So etwas ist eher die Ausnahme als die Regel. Und im Verhältnis zum Bedarf rentiert sich eine solche Beschaffung im Allgemeinen auch nicht.
In Zukunft fällt es den Kommunen vielleicht etwas leichter, bei größeren Einsätzen auf Unterstützung durch das THW zurückzugreifen. Denn der Deutsche Bundestag hat im April das THW-Gesetz geändert. Seit dem 1. Mai verzichtet das THW nun auf die Abrechnung von Einsätzen, wenn der öffentliche Anforderer diese Kosten nicht weitergeben kann oder darf. Das ist z. B. bei Bränden grundsätzlich der Fall, denn diese Aufgabe zahlen die Kommunen von je her direkt aus ihren eigenen Schatullen. Der THW-Einsatz belastete dann also direkt die teilweise ohnehin klammen Kassen der Kommunen.
Die Lüneburger THW-Helferinnen und -Helfer hoffen jetzt, dass sich durch die Neuregelung auch ihre Einsatzfrequenz verbessert. Denn helfen können ist gut, aber helfen dürfen ist besser. „Traditionell scheint es bei der Akzeptanz des THW bei den örtlichen Behörden ein starkes Nord-Süd-Gefälle zu geben,“ so der Lüneburger Ortsbeauftragte Ingo Perkun. „Ist in Bayern der Einsatz des THW bei Verkehrsunfällen auf Autobahnen an der Tagesordnung, finden sich Niedersachsen solche Beispiele nicht.“ Mit der Zusammenarbeit im hiesigen Landkreis ist man aber ausdrücklich zufrieden. Michael Bahr, als Zugführer für das operative Einsatzgeschäft verantwortlich, betont: „Wir pflegen einen guten Kontakt zu den Feuerwehren in unserem Zuständigkeitsbereich.“ So unterstütze man die Brandschützer unter anderem bei den Löscharbeiten am Lösecke-Haus, war bei den Hochwassern der letzten 20 Jahre dabei oder sorgte bei kleineren Einsätzen für Licht oder Verpflegung. „Manchmal halten wir den Feuerwehrleuten einfach nur den Rücken frei, so dass sie sich auf die Brandbekämpfung konzentrieren können.“ Perkun und Bahr wünschen sich nun, dass häufiger einfach mal zum Hörer gegriffen wird und ihre Männer und Frauen auch bei kleineren Dingen einbezogen werden. Eine persönliche Information der möglichen Anforderer ist in Planung, momentan beherrscht jedoch ein völlig anderes Thema die Menschen bei Stadt, Feuerwehr, Polizei und Co., so dass dies noch warten muss.
Eine weitere Verbesserung sieht das Gesetz auch bei der Freistellung von THW-Mitgliedern von der Arbeit vor. Bisher war dies nur bei Einsätzen und besonders wichtigen Ausbildungsveranstaltungen wie z. B. Lehrgängen möglich. Nun wurde diese Regelung weiter gefasst, die Freistellung wird grundsätzlich einfacher. „Eine gesetzliche Regelung allein ist allerdings keine Garantie dafür, dass der Arbeitgeber das Engagement der Helferin oder des Helfers auch unterstützt,“ betont der Lüneburger Ortsbeauftragte. Er spricht dabei aus Erfahrung. „Selbst ein Hochwasser ist für manchen kein Grund, seine Angestellten frei zu stellen. Und dabei spreche ich nicht von Drei-Mann-Betrieben.“ Schon lange versucht Perkun daher, die Firmen mit ins Boot zu holen, läd Chefs z. B. zum jährlichen Sommerempfang ein. Bisher mit mäßigem Erfolg. Und im Zweifel hilft der Arbeitnehmer dann eben nicht. „Mir wurde am Telefon schon gesagt, dass man sich überlegen müsse, dass man sich von solchen Mitarbeitern trennt. Da lasse ich den Mann doch lieber zur Arbeit gehen.“ Denn eines ist klar, den Lebensunterhalt zahlt nicht das THW. Glücklicherweise kommt so etwas nicht so oft vor und die rund 80 Lüneburger Freiwilligen sind zur Stelle, wenn sie gerufen werden. Vielleicht passiert dies nun einmal mehr, wenn sich niemand mehr Gedanken machen muss, wer nachher die Rechnung bezahlt.