Grußwort des Ortsbeauftragen zu Weihnachten und zum Jahreswechsel

Liebe Besucherinnen und Besucher von thw-lueneburg.de,

Liebe Besucherinnen und Besucher von thw-lueneburg.de,

wie in jeden Jahr sitze ich zu Weihnachten hier an meinem Schreibtisch um ein Grußwort zu schreiben. Wenn ich dabei aus dem Fenster blicke, bekomme ich jedoch den Eindruck, dass ich mich noch mitten im Herbst befinde. Weihnachtsstimmung mag bei mir tatsächlich kaum aufkommen und das liegt vermutlich nicht nur am Wetter. Das zurückliegende Jahr war für mich durchaus herausfordernd. Aber auch das Geschehen in Deutschland und der Welt entwickelt sich weiter in eine Richtung, die ich persönlich für bedenklich halte. Zugeben muss ich, dass mich auch das belastet. Was soll ich Ihnen also in diesem Jahr mit auf den Weg geben? Ich bin da tatsächlich etwas ratlos. So langsam bekomme ich nämlich den Eindruck, gegen Windmühlen anzukämpfen. Macht es da überhaupt noch Sinn, seine Stimme zu erheben?

Diese Zeilen sollen für mich ja keine Last sein, sondern aus einer Lust heraus entstehen. Und auch in dem Glauben, dass sie irgendetwas bewirken. Vielleicht bin ich deshalb in diesem Jahr auch so spät dran. Tatsächlich hilft mir jetzt aber doch noch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeyer auf die Sprünge. In seiner Weihnachtsansprache, die heute bereits in Auszügen veröffentlicht wurde, beklagt er genau das, über das ich eben noch nachgedacht habe. Wir würden zu wenig mit Menschen sprechen, die anderer Meinung sind als wir und zögen uns zurück in unsere eigene Wahrnehmungsblase. Nun, lange Zeit konnte ich das für mich nicht behaupten. Besonders in den sozialen Medien habe ich oft genug versucht, mich mit Menschen auszutauschen, die abweichende Meinungen vertreten. Und dabei geht es natürlich auch darum, dem Anderen zuzuhören. Leider ist es gar nicht so einfach, sich auf einer sachlichen Ebene auszutauschen, wenn fast alles in Zweifel gezogen wird, was man anbringt oder einfach gar nicht auf Argumente oder Fragen eingegangen wird.

So versuchte ich in diesem Jahr eine Diskussion über die Diäten von Bundestagsabgeordneten zu führen. Aufhänger war die Aufregung über deren Erhöhung zum 1. Juli. Nun kann man geteilter Meinung sein, ob ein „Gehalt“ von rund 10.000 Euro brutto für eine Bundestagsabgeordnete angemessen ist. Nach dem Abzug der Steuern verbleiben davon etwa 6.000 Euro (abhängig von Familienstand u. a.). Natürlich ist das weit mehr, als manche von uns verdienen, andererseits sollen die Abgeordneten ja auch unabhängig sein. Dies ist nun also, nach Meinung meiner Mitdiskutierenden zu viel. Die Frage nach einer angemessenen Höhe wurde allerdings auch nicht beantwortet. Eine Person machte schlussendlich deutlich: „Ich habe meine Meinung und die wirst du nicht ändern.“ Schwer, hier zusammen zu finden. Eine andere Aussage war, alle Politiker abzuschaffen und die Diäten lieber für eine Rentenerhöhung zu verwenden. Ich habe das dann mal kurz vorgerechnet: 700 Abgeordnete mal 10.000 Euro macht jährlich 7 Millionen (bevor sie jetzt aufmerken: ja, ich habe die sonstigen Kosten für den Bundestag tatsächlich nicht berücksichtigt). Es gibt in Deutschland aktuell rund 18 Millionen Rentner. Jeder bekäme also jährlich eine um 39 Cent höhere Rente. Solche sachlichen Argumente verpuffen allerdings ebenfalls einfach. Zumal die Frage offen bleibt, wer zukünftig wie Politik gestaltet.

Ein anderes Beispiel ist die ständig erneut aufflammende Diskussion zur Entwicklung der Kriminalität in Deutschland. Immer wieder wird angebracht, dass diese nach 2015 massiv angestiegen sei. In jenem Jahr nahm die Bundesrepublik etwa 900.000 Geflüchtete auf (in diesem Jahr werden es übrigens grade noch um die 160.000 Menschen sein). Ein Zusammenhang lässt sich jedoch statistisch nicht belegen. Im Gegenteil, die Zahl der Straftaten ist von 6,5 Millionen in 1994 auf 5,8 Millionen im Jahr 2017 gesunken. Ebenfalls im Jahr 1994 gab es genau 1.396 Opfer von vollendeten und versuchten Morden, 2017 waren es noch 1.030. Man könnte meinen, solche Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Heutzutage können Sie jedoch davon ausgehen, dass die „Polizeiliche Kriminalstatistik“ bei einigen nicht mehr als seriöse Quelle gilt. Ebenso gelten Medien, die über Jahrzehnte akzeptiert wurden nicht mehr als verlässlich. Es wird gefragt, warum über bestimmte Ereignisse z. B. in der Tagesschau nicht berichtet wird. Angeführt werden dann Fälle, wie der Mord an der 15jährigen Mia im Dezember 2017 in Kandel oder der 14jährigen Susanna 2018 in Wiesbaden, beide von geflüchteten jungen Männern begangen. Nun gab es 2017 in Deutschland neben Mia 404 weitere Mordopfer. Und auch, wenn dies natürlich 405 Opfer zu viel sind, welche davon gehören in eine überregionale Nachrichtensendung?

Im Mai diesen Jahres erstach in Winsen (Luhe) ein Familienvater vor den Augen seiner Söhne seine von ihm getrennt lebende Ehefrau. Ist dieses Opfer nun weniger Wert, weil sein Mörder ein Deutscher war? Wären die anderen beiden Morde nicht passiert, wenn wir nur eine hohe Mauer um unser Land gebaut hätten? Kann man tatsächlich plötzlich nachts nicht mehr auf die Straße gehen? In meinem Freundeskreis sieht man dies nicht so, aber ich habe auch mit Menschen zu tun, die das anders sehen. Insoweit hoffe ich, nicht völlig in einer Filterblase zu stecken. Denn schaue ich mich in der Verwandtschaft und Bekanntschaft um, dann kommen genau solche Dinge zur Sprache, sie lassen sich jedoch oft nicht sachlich diskutieren, weil jeder nur noch sein eigenes Weltbild gelten lässt. Differenzieren können die wenigsten noch. Menschen, egal welcher Gruppe zugehörig, sind jedoch nie nur gut oder schlecht. Viele denken heute aber offensichtlich nur noch in Kategorien, die nur schwarz und weiß kennen. Nach meinem Empfinden ist es äußerst schwierig, auf dieser Basis einen Dialog zu führen. Lieber Herr Bundespräsident, sie mögen mit ihren Worten Recht haben, doch diese Auseinandersetzung fordert immer mehr Kraft. Mir persönlich geht diese Kraft langsam aus.

Heute scheinen viele rücksichtslos nur noch an sich zu denken. Wir verlernen es tatsächlich miteinander zu reden und einander zuzuhören. Wir verlernen aber auch, an andere Menschen zu denken. Der andere ist schlecht und will mir, meiner Familie, meinem Land nur Böses. Wann haben wir aufgehört, Verständnis für andere zu haben und wovor haben wir eigentlich Angst? In meinem täglichen Umgang mit Menschen bekomme ich immer mehr den Eindruck, dass viele ihrem Hass und ihrer Wut einfach nachgeben, ihr Gegenüber beschimpfen, beleidigen, körperlich angreifen. Wann genau haben wir damit aufgehört, respektvoll und freundlich miteinander umzugehen und warum? Man kann seine Emotionen schon ein bisschen zügeln, zumindest ging das vor zehn oder fünfzehn Jahren noch. Auch kann nicht jeder von uns immer im Mittelpunkt stehen und das Maß der Dinge sein. Und beschäftigen wir uns tatsächlich mit den richtigen Problemen? Wir gucken argwöhnisch auf Menschen, die noch weniger haben als wir und lassen es geschehen, dass andere ihre Schäfchen ins Trockene bringen. Ob die in letzter Zeit erstarkten Kräfte die Lösung mitbringen, möchte ich allerdings stark bezweifeln. Den Etablierten scheint es da aber auch am Willen zur Veränderung zu mangeln.

Alles in Allem bin ich an dieser Stelle nun noch genauso ratlos wie am Anfang dieser Zeilen. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Helfen Sie alle doch einfach mit, dass diese Welt ein besserer Ort wird. Manchmal trägt ein bisschen Freundlichkeit, Aufmerksamkeit und Entgegenkommen schon dazu bei. Das tut nicht weh und kostet meist auch gar nichts. Wann haben Sie das letzte Mal einen Autofahrer aus einer Seitengasse herausgelassen oder an der Kasse jemanden vorgelassen, der lediglich wenige Artikel in seinem Einkaufskorb hatte? Wann haben Sie zuletzt eine Verkäuferin bewusst angelächelt, angesprochen, sich bedankt? Achten Sie mal genau darauf, Sie werden sicher überrascht sein, wie oft wir im Umgang mit anderen Menschen nachlässig sind und wie einfach wir dies ändern können. Und glauben Sie mir, dass, was Sie ausstrahlen, kommt auch zu Ihnen zurück!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute für das Jahr 2019. Bleiben Sie uns gewogen und schauen sie auch im nächsten Jahr wieder regelmäßig bei uns vorbei

Herzlichst

Ingo Perkun
Ortsbeauftragter