Grußwort des Ortsbeauftragten zu Weihnachten und zum Jahreswechsel
Liebe Besucherinnen und Besucher von thw-lueneburg.de,
wieder einmal lässt der Winter auf sich warten, den Heiligabend begehen wir bei frühlingshaften Temperaturen. Mir erscheint in solchen Momenten der Klimawandel doch sehr real. Denn normal ist so etwas meines Erachtens nicht, auch wenn es immer noch Menschen gibt, die dies nicht wahrhaben wollen. Doch dessen ungeachtet neigt sich auch dieses Jahr wieder dem Ende zu. Nach meinem Eindruck läuft die Zeit immer schneller. Wo sind sie geblieben, die Wochen und Monate des Jahres 2015? Schon traditionell nutze ich die letzten Tage vor Weihnachten und lasse noch einmal das Jahr in Ruhe Revue passieren und blicke darauf, was wir alles erreicht und erlebt haben. Obwohl, ganz ruhig ist es nie wirklich. Dem Tempo, das in unserer Gesellschaft heute vorherrscht, kann man sich nicht wirklich entziehen.
Auch in diesem Jahr haben uns eine Reihe berühmter Persönlichkeiten für immer verlassen. Einige von ihnen haben mein Leben begleitet, seit ich mich erinnern kann. Ich denke hier z. B. Helmut Schmidt oder Richard von Weizsäcker genauso wie an Leonard Nimoy (besser bekannt als Mr. Spock vom Raumschiff Enterprise), Hellmuth Karrasek oder James Last. Der Tod gehört nun mal zum Leben dazu. Schlimm ist es jedoch, wenn es Menschen plötzlich trifft. Wenn wir nicht darauf vorbereitet sind, uns nicht verabschieden können. So wie die Eltern, die im März bei dem vorsätzlich herbeigeführten Absturz des Airbus der Germanwings ihre Kinder verloren haben.
Besser geworden ist die Welt also auch in diesem Jahr nicht. Eher scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Im Irak, in Syrien und in der Ukraine gibt es weiterhin bewaffnete Auseinandersetzungen, um nicht zu sagen Kriege. In Nigeria wütet die islamistische Sekte Boko Haram, in Kenia sind es die Al-Shabaab-Milizen und auch in Paris, praktisch vor unserer Haustür, kam es zu schweren terroristischen Anschlägen. Hass und Gewalt, die mir Angst machen. Und auch bei uns in Deutschland gibt es Entwicklungen, die mir Sorgen machen.
Weltweit sind heute mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Die meisten davon sind Binnenvertriebene. Sie bleiben im eigenen Land oder in dessen Nachbarstaaten. In Jordanien kommt so z. B. ein Flüchtling auf acht Einwohner. Doch eine Handvoll Menschen macht sich auch auf den beschwerlichen Weg nach Europa. Sie nehmen Strapazen und Gefahren auf sich, in der Hoffnung Sicherheit für sich und ihre Familien zu finden. Wer mag ihnen das übel nehmen? Würden wir es denn anders machen? Diese Menschen brauchen unsere Hilfe und dieses Land kann es sich meiner Meinung nach durchaus leisten. Ich persönlich habe bisher auf jeden Fall nicht darunter gelitten. Jeder, der etwas anderes behauptet und plötzlich sein Herz für Obdachlose, Alte und Arme entdeckt, ignoriert die Fakten und ist für mich einfach nur auch Heuchler.
Noch schlimmer allerdings ist es, dass es auch in Deutschland eine Minderheit von Menschen gibt, die nun ihrem Hass freien Lauf lassen. Die sich immer öfter trauen, aus ihren dunklen Ecken hervorzukommen. Und die meiner Meinung nach unsere Werte mit Füßen treten. Sie greifen THW-Mitglieder an, die ihren Beitrag in der Flüchtlingskrise leisten und denen sie beim letzten Hochwasser noch begeistert zugewinkt haben. Oder es kommt zu solchen Vorfällen, wie die Messerattacke auf die Kölner Oberbürgermeisterkandidatin Henriette Reker. Was treibt diese Menschen an? Der Kölner Attentäter sagte aus „Ich habe es für euch getan.“ Danke, für mich sicherlich nicht!
Aktuell kommen auf einen Flüchtling achtzig Deutsche. Wir haben also im Verhältnis zu Jordanien zehn mal weniger Flüchtlinge aufgenommen. Viele davon möchten nicht einmal in Deutschland bleiben. Sicher ist es nicht einfach, eine Million Menschen aufzunehmen. Es erfordert große Anstrengungen, aber es ist nicht unmöglich. Das es dabei zu Problemen kommt, dürfte auch niemanden überraschen, aber diese sind lösbar. Vieles wird herbeigeredet und ist bis heute nicht bewiesen. Das sich unter den Flüchtlingen genauso Kriminelle befinden, wie sie sich in unserer Gesellschaft finden, war wohl zu erwarten. Und das es zu Auseinandersetzungen kommt, wenn hunderte Menschen ohne Beschäftigung in überfüllten Unterkünften eingepfercht sind, war ebenfalls zu erwarten. Muss einem das Angst machen? Mir macht es auf jeden Fall keine. Für diese Aussage wurde auch ich schon angefeindet. Und trotzdem habe ich wegen der Flüchtlinge nicht mehr Angst um meine Familie, egal welche Schreckensbilder gemalt werden. Denn wir reden hier von Menschen, die genau so sind wie wir. Nicht besser, aber auch nicht schlechter als der durchschnittliche Deutsche. Vielleicht mit einer anderen Kultur, aber die Zeiten, in denen es bei uns streng patriarchalistisch zuging, sind auch noch nicht so lange vorbei.
Keiner behauptet jedoch, dass es immer so weitergehen kann. Auf Dauer muss Europa hier enger zusammenwachsen und eine gemeinsame Lösung finden. Generell brauchen wir sowieso mehr Europa und nicht weniger. Wobei es wichtiger wäre, die Ursachen zu bekämpfen und nicht nur die Symptome.
Was allerdings heute bei uns in Deutschland stattfindet weist teilweise doch fatale Ähnlichkeiten mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten in den zwanziger Jahren auf. Der politische Gegner wird immer öfter nicht nur mit Gewalt bedroht, diese Drohungen werden zum Teil auch umgesetzt. Für Probleme egal welcher Art muss das Feindbild Flüchtling herhalten, obwohl es meist viel einfachere, einleuchtendere Erklärungen gibt. Die demokratisch gewählte Vertretung unseres Volkes und die Bundesregierung werden mit dem Tod bedroht. Unabhängige und objektive Medien werden als „Lügenpresse“ diffamiert, wenn sie genau das tun, was ihre Aufgabe ist. Sie zeigen uns das reale Bild von Pegida und Co.. Dafür haben Reporter schon Prügel einstecken müssen. Das macht mir viel mehr Angst, als die Flüchtlingswelle. Dieses Deutschland ist sicher nicht perfekt, aber ich glaube, es ist das beste, das wir bisher hatten. Daher müssen wir alles tun, es zu erhalten.
Der Rückhalt, den Pegida in Dresden erfährt, bröckelt erfreulicherweise. Ableger in anderen Städten sind inzwischen weitgehend wieder von der Bildfläche verschwunden, der Widerstand wächst. Die Protestkundgebungen sind inzwischen zahlenmäßig oft größer. Es scheint also keine schweigende Mehrheit zu geben, die dieses Gedankengut unterstützt. Das macht etwas Mut. Gespannt bin ich darauf, was die nächsten Wahlen bringen. Wer mitbestimmen will, muss auch dieses demokratische Recht wahrnehmen und helfen, dass Protestwähler nicht die Oberhand gewinnen.
Fakten nehmen oft leider nur die Menschen zur Kenntnis, die sowieso bereit sind, sich sachlich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Die, die dumpfe Parolen verbreiten, Flüchtlingsunterkünfte anzünden oder Lügengeschichten erfinden, um andere zu diffamieren, die sind so oder auch anders nicht zu erreichen. Sie sprechen vom christlichen Abendland, das sie in Gefahr sehen. Dabei ist ihnen alles christliche offenbar völlig fremd. Ich kann nur wiederholen, was ich schon im letzten Jahr an dieser Stelle schrieb: Jeder von uns kann seinen Teil dazu beitragen, dass unsere Welt ein Stück besser wird. Und jeder von uns wird davon profitieren, denn jedem wird es ein kleines Stück besser gehen. Etwas Rücksicht auf andere kostet nichts. Es würde wohl keinem weh tun einfach ein wenig „netter“ durchs Leben zu gehen. Anfangen können wir schon bei uns selbst.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute für das Jahr 2016. Bleiben sie uns gewogen und schauen sie auch im nächsten Jahr wieder regelmäßig bei uns vorbei
Herzlichst
Ingo Perkun
Ortsbeauftragter